Notausgang

Podcastreihe – Sexismus und sexualisierte Gewalt

Hilfeangebote für geflüchtete Frauen und Kinder aus der Ukraine bei (sexueller) Gewalt

Podcastreihe: „Sexismus und sexualisierte Gewalt“ vom Frauennotruf Hannover

Folge 4: Sexualisierte Gewalt und Behinderung

In der vierten Folge der Podcastreihe ‚Sexismus und sexualisierte Gewalt‘ vom Frauennotruf Hannover geht es um das Thema ‚Prävention im Bereich Sexualisierte Gewalt und Behinderung‘. Als Expertinnen sind Helena Behrens Sozial- und Sexualpädagogin und Sina Rimpo, Sexualpädagogin und Heilpraktikerin für Psychotherapie, zu Gast.

Jede dritte bis vierte Frau mit Behinderung hat in ihrer Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erfahren. Das ist zwei- bis dreimal häufiger als bei Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt. Auch Diskriminierung und Gewalt in Einrichtungen der Behindertenhilfe gehören zum Alltag vieler Frauen mit Behinderungen (BMFSFJ, 2021). Wir sprechen in diesem Podcast einerseits über die Prävention, also darüber, wie sexualisierte Gewalt an Frauen und Mädchen mit Behinderung verhindert werden kann und wie die Betroffenen zielgerichtet Unterstützung und Aufklärung bekommen können. Andererseits sprechen wir über die Rechte der Menschen mit Behinderung auf Sexualität, Liebe und Partnerschaft. „Schließlich sind Frauen mit Behinderung sexuelle Wesen“ und weg von der gesellschaftlichen Stigmatisierung von „Geschlecht behindert, sondern Geschlecht ist männlich, weiblich und divers“, erklären die Expertinnen.

Interviewerin: Sevda Evcil (Geschlechterforscherin)

Musik von Ronald Kah: https://ronaldkah.de

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Podcastreihe: „Sexismus und sexualisierte Gewalt“ vom Frauennotruf Hannover

Folge 3: Psychosoziale Prozessbegleitung

In der dritten Folge der Podcastreihe ‚Sexismus und sexualisierte Gewalt‘ vom Frauennotruf Hannover geht es um das Thema ‚Psychosoziale Prozessbegleitung‘. Als Expertin ist Petra Klecina, Sozialpsychologin und zertifizierte Psychosoziale Prozessbegleiterin, zu Gast. Die Expertin ist seit 27 Jahren im Frauennotruf Hannover tätig. Psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besonders intensive Form der Begleitung vor, während und nach der Hauptverhandlung. Sie umfasst die qualifizierte Betreuung, Informationsvermittlung und Unterstützung im Strafverfahren. Damit soll vor allem die individuelle Belastung der Opfer reduziert werden. Im Podcast zur psychosozialen Prozessbegleitung gehen wir darauf ein, was dieses Angebot konkret beinhaltet und wie es genutzt werden kann. Informationen zu Strafverfahren werden zusätzlich vermittelt. Betroffenen Frauen, aber auch Fachkräften ist dieses Angebot noch nicht umfänglich bekannt.

 

Interviewerin: Sevda Evcil (Geschlechterforscherin)

Musik von Ronald Kah: https://ronaldkah.de

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Podcastreihe: „Sexismus und sexualisierte Gewalt“ vom Frauennotruf Hannover

Folge 2: Sexuelle Belästigung im Studium und am Arbeitsplatz

In der zweiten Folge der Podcastreihe Sexismus und Sexualisierte Gewalt vom Frauennotruf Hannover geht es um das Thema sexuelle Belästigung im Studium und am Arbeitsplatz. Als Expertin ist Peggy Zander, Sozialarbeiterin am Frauennotruf zu Gast. Peggy Zander ist außerdem im unabhängigen Jugendzentrum Kornstraße tätig sowie im Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit aktiv. Viel Spaß beim Zuhören!

Sexuelle Belästigung ist nach Art. 3 Abs. 4 GG ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, das bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, indem insbesondere ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Hierzu zählen unerwünschte sexuelle Handlungen (bis hin zur Vergewaltigung) und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie das unerwünschte Zeigen und sichtbare Anbringen pornografischer Darstellungen. Sexuelle Belästigung stellt eine Form der Machtausübung dar, die aus den strukturellen Machtverhältnissen der gesellschaftlichen Geschlechterordnung hervorgeht (Eva Kocher/Stefanie Porsche 2015: 8 // Sexuelle Belästigung im Hochschulkontext –Schutzlücken und Empfehlungen)

Interviewerin: Sevda Evcil (Geschlechterforscherin)

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Podcastreihe: „Sexismus und sexualisierte Gewalt“ vom Frauennotruf Hannover

Folge 1: Beratung im Frauennotruf Hannover

Sexismus ist allgegenwärtig und sexualisierte Gewalt kann uns auf unterschiedliche Art und Weise überall begegnen. In der ersten Episode unserer Podcastreihe „Sexismus und sexualisierte Gewalt“ ist die Psychologin und systemische Therapeutin Hannah Berger vom Frauennotruf Hannover zu Gast. Im Podcast lässt sie uns einen ersten Einblick in die umfangreiche Beratungspraxis vom Frauennotruf gewinnen.

Interviewerin: Sevda Evcil (Geschlechterforscherin)

Musik von Ronald Kah: https://ronaldkah.de

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Interview aus Podcast zum Lesen

Sevda:

Hallo und herzlich willkommen zu der Podcast-Reihe vom Frauennotruf Hannover zum Themenbereich „Sexismus und sexualisierte Gewalt“. Mein Name ist Sevda. Heute habe ich Hannah Berger zu Gast. Sie lässt uns einen ersten Einblick in die umfangreiche Beratungspraxis vom Frauennotruf gewinnen. Hannah Berger ist Psychologin und systemische Therapeutin. Ihr Zuständigkeitsbereich ist die Beratung. Zum Team des Frauennotrufs gehört sie seit 2018. Hallo Hannah, schön, dass du da bist.

 

Hannah:

Hallo Sevda.

 

Sevda:

Kannst du vielleicht etwas näher darauf eingehen, welche Fragen die Frauen und Mädchen beschäftigen, bevor sie in die Beratungsstelle kommen?

 

Hannah:

Ja, das ist tatsächlich so: Bevor die Frauen zu uns kommen, fragen sie oft schon am Telefon, ob sie jemand begleiten kann, ob sie eine Krankenkassenkarte mitbringen sollen oder einen Klinikbericht und ob es irgendwelche Kosten gibt. Auf jeden Fall ist es so, dass die Frauen Bezugspersonen oder auch Fachleute als Begleitung mitbringen können. Das gibt den meisten Frauen oder Mädchen eine größere Sicherheit und nach der ersten Stunde kommen die Frauen dann meist auch alleine. Für die Frauen fallen keine Kosten an und auch eine Krankenkassenkarte ist nicht nötig, denn wir werden finanziert durch die Stadt, die Region und durchs Land. Auch Klinikberichte brauchen wir nicht, es sei denn die Frau möchte, dass wir den Klinikbericht lesen – dann machen wir das. Ansonsten ist es uns wichtig zu hören, was die Frau uns zu sagen hat oder was sie fragen möchte. Bevor die Frauen zu uns kommen, haben sie oft große Bedenken und Ängste wie zum Beispiel: „Was für eine Person erwartet mich da?“, „Muss ich im Detail wieder alles erneut erzählen?“, „Erwarten die Beraterinnen vielleicht, dass ich eine Anzeige mache?“, „Vielleicht ist mein Erlebnis ja doch nicht so schlimm und ich nehme anderen Frauen den Platz weg?“ oder sowas wie: „Was soll ich tun, wenn ich nicht mehr weiter sprechen kann oder weinen muss?“ oder „Die Beraterin könnte mich vielleicht fragen, warum ich nicht eher gekommen bin“. Das sind die häufigsten Bedenken. Wir haben häufig die Erfahrung gemacht, dass die betroffenen Frauen in der Regel nicht unmittelbar nach der Tat in die Beratung kommen, sondern anfangs versuchen sie meist die Krise mit den eigenen Ressourcen und Kräften zu bewältigen. Häufig kommen sie tatsächlich erst nach Wochen oder Monaten, manchmal auch erst nach Jahren  nämlich dann, wenn die eigenen Bewältigungsstrategien nicht mehr ausreichen.

Wir holen die Frauen dann da ab, wo sie gerade stehen und unterstützen sie ihren eigenen Weg raus aus der Gewalt zu finden. Wir unterstützen sie im Umgang mit den Folgen der Gewalt. Dabei ist unsere Haltung auf Augenhöhe und nicht: „Ich weiß den Weg“. Wir sehen die Frau als die Expertin in eigener Sache.

 

Sevda:

Ja, ich höre dabei eine gewisse Distanz zur Opferhaltung heraus. Wieso ist das für die Beratung so wichtig?

 

Hannah:

Uns ist es wichtig, den Frauen in der Beratung zu vermitteln, dass sie nicht nur Opfer sind, sondern ihre Person mehr ausmacht als die Gewalterfahrung. Uns ist es wichtig, die Ressourcen in den Vordergrund zu bringen und nicht die Defizite. Zudem liegt es uns am Herzen, die Betroffenen nicht in Watte zu packen, sondern Zutrauen in ihre Fähigkeiten zu entwickeln und damit auch ihre Selbstwirksamkeit zu fördern. Wir möchten dabei unterstützen Handlungsmöglichkeiten und auch Kontrolle wiederzuerlangen.

 

Sevda:

Das sind ja sehr wichtige Handlungsstrategien, aber wie soll ich mir eine Beratung konkret vorstellen? Also was passiert, wenn ich zum Beispiel bei Dir einen Beratungstermin haben möchte? Wie gehst du vielleicht damit um, wenn du siehst, die Betroffene ist total angespannt oder kann sich schwer auf die Beratung einlassen? Was machst du dann?

 

Hannah:

Also wir Beraterinnen empfangen die Frauen direkt. Wir öffnen die Tür und heißen sie willkommen. Wir fragen, ob sie einen Tee oder Wasser haben möchten. Um eine Orientierung zu haben, besprechen wir zuerst die Rahmenbedingungen mit den Frauen. Das gibt den Frauen erstmal Halt. Rahmenbedingungen können zum Beispiel sein: wie lang ist die Sitzung, wie lang ist die Beratung insgesamt oder wie lang kann sie sein. Wir sagen, dass die Beratung vertraulich, kostenlos und auf Wunsch auch anonym sein kann. Zudem ist es uns auch wichtig, gleich am Anfang die Frauen zu ermutigen, dass sie die Inhalte der Beratung mitbestimmen. Auch zu sagen, dass sie zwischendurch sagen können, was sie brauchen, ob sie lieber an einem anderen Platz sitzen möchten oder ob die Vorhänge zugezogen werden sollen. Es ist uns wichtig zu vermitteln, dass wir ihre Bedürfnisse akzeptieren und respektieren. Es ist so, dass vor dem ersten Gespräch eine große Anspannung da ist, was ganz normal ist. Denn hier in der Beratung geht es ja um Trauma und jedes Mal oder beim ersten Mal vor allem, wenn die Frauen hier in die Räume kommen werden sie mit dem Trauma konfrontiert. Sie gehen raus aus der Vermeidung und das ist einfach eine sehr große Hürde, die zu überwinden sehr mutig ist. Von daher finden wir es sehr wichtig im ersten Gespräch schon zu würdigen, dass sie den ersten Schritt gewagt haben, auch wenn es schwierig und mit vielen Ängsten verbunden ist. Wir ermutigen dabei, dass das eben der erste Schritt in Richtung „bewusste Verarbeitung“ ist und die Frau sich damit selber hilft, indem sie sich hier bei uns Hilfe holt. Wir betonen, dass das Erleben von sexualisierter Gewalt nichts ist, was die Frau alleine bewältigen muss, sondern, dass sie das Recht hat sich Hilfe zu holen. Am Anfang nehmen wir auch gleich vorweg und erklären, dass die Frau nicht im Detail über das Erlebte sprechen muss; wenn sie aber Bedarf hat, dann kann sie erzählen. Das ist von Frau zu Frau unterschiedlich. Manche haben auch das Bedürfnis etwas mehr zu erzählen. Andere eben nicht und deswegen ist es wichtig, das am Anfang gleich klarzustellen.

Ja, es ist so, dass die Beratung hier tatsächlich manchmal der erste Raum ist, in dem die Frau das Schweigen bricht und das ist oft mit vielen Emotionen verbunden. Mit Wut, Traurigkeit oder Hilflosigkeit, aber es kann eben auch eine große Erleichterung sein, endlich einen Raum zu haben, in dem das Thema auch gehört wird und in dem die Frau ernst genommen wird. Leider ist es so, dass viele betroffene Frauen viel zu oft erfahren, dass wenn sie sich jemandem offenbaren im sozialen Umfeld, das Thema runtergespielt wird oder sie eben nicht ernst genommen werden. Das können so Sätze sein wie: „Warum gehst du auch nachts alleine aus dem Haus?“ oder ähnliches. Solche Sätze suggerieren der Frau, dass sie selbst schuld daran sei und dadurch werden Schuldgefühle, die oft leider sowieso schon bestehen, verstärkt. Deswegen finden wir es wichtig die Frauen hier gleich von Anfang an zu ermutigen, solche Gefühle und auch schwierige Gedanken auszusprechen. Einige Informationen am Anfang der Beratungen können auch entlastend wirken. Zum Beispiel erklären wir, dass es nach einem Übergriff zu bestimmten Symptomen kommen kann.  Flashbacks, erhöhte Wachsamkeit, Schlafstörungen oder Schreckhaftigkeit sind zum Beispiel eine normale Reaktion auf eine unnormale Situation, die sie erlebt haben. Dies wirkt insofern oft entlastend, dass die Frauen merken „ok, ich bin nicht verrückt oder komisch“, das sind normale Beschwerden, die ich da jetzt habe.

 

Sevda:

Der Frauennotruf bietet ja telefonische Beratung an. Du hast jetzt einiges über persönliche Beratung erzählt, wie diese abläuft und strukturiert ist. Ich weiß, dass du auch Onlineberatung anbietest. Spätestens seit der Pandemie ist die Onlineberatung für alle Institutionen ein Muss geworden. Welche Erfahrungen machst du dabei? Also mich interessiert das vor allem, weil das Thema ja so sensibel und das so ein sensibler Raum ist. Wie findet eine Onlineberatung statt? Nehmen die Betroffenen die Onlineberatung an? Wie gehst du dort in der Beratung mit diesem Thema um?

 

Hannah:

Ja, es gibt tatsächlich manche Klientinnen, die sich zuerst über die Onlineberatung bei uns melden. Für diese Frauen ist das mit einer geringeren Hemmschwelle verbunden den ersten Kontakt zu uns aufzunehmen. Vermutlich durch die Anonymität, die durch unsere sichere Onlineplattform gesichert ist. Die Frauen können sich mit einem „Nickname“ anmelden. Somit müssen sie nicht ihren richtigen Namen angeben. Für manche ist das eben der erste Schritt um sich mit diesem Thema zu befassen. In der Beratungspraxis allerdings hat die Onlineberatung auch ihre Grenzen, da einige Kanäle der Kommunikation eingeschränkt sind: Mimik, Gestik sowie die Körpersprache können nicht wahrgenommen werden. Auch die Stimmung oder Schwingungen im Raum sind nicht wahrnehmbar. Von daher ist es so, dass einige Frauen dann auch nach ein paar Nachrichten, die ausgetauscht wurden, zur persönlichen Beratung kommen. Dementsprechend ist für einige die Onlineberatung eben wirklich der erste Schritt zur Kontaktaufnahme zu uns.

Allerdings ist es auch so, dass einige Beratungsanfragen in der Onlineberatung auch schon allein über das Schreiben geklärt werden können. Also wenn es zum Beispiel um Fragen zu weiteren Angeboten des Frauennotrufs geht, reicht manchmal auch ein schriftlicher Austausch. Wenn es um komplexere Dinge geht, beraterische Dinge, dann ist irgendwann die persönliche Beratung auch angezeigt.

 

Sevda:

Vielen Dank Hannah, für all deine Gedanken und das Teilen deiner Erfahrungen und deines Wissens. Was würdest du jetzt den Betroffenen von sexualisierter Gewalt sagen wollen, wenn sie dich erreichen wollen?

 

Hannah:

Also sie können uns jederzeit erreichen unter der Telefonnummer 0511 332112. Da können sie auf den Anrufbeantworter sprechen oder in den Telefonzeiten anrufen und einen Termin vereinbaren mit uns. Wir rufen dann zurück, wenn sie auf den Anrufbeantworter sprechen.

Sie können sich auch über unser Kontaktformular auf unserer Website melden oder über die Onlineberatung.

 

Sevda:

Herzlichen Dank.

 

Hannah:

Sehr gerne! Ich danke dir auch.

Wir beraten anonym, kostenlos, parteilich.

Für Frauen und jugendliche Mädchen.